Sonntag, 8. Februar 2009
Ein fabelhafter Automat
violinista, 21:51h
"Ich bin dann mal eben schnell Zigaretten holen..."
Einfach erst mal raus. Nicht antworten, nicht reden. Und vor allem nicht die Scherben aufkehren müssen. Den Frühstückstisch hatte er decken wollen, dabei ging das Erdbeermarmeladenglas zu Bruch und er ekelte sich vor der mit Glasspittern durchsetzten, rot glänzenden Masse auf dem Fliesenboden. Und schließlich war es nicht seine, sondern ihre Marmelade und auch ihr Fliesenboden. Demnach waren es also auch ihre Glassplitter und das Entfernen ihre Aufgabe und nicht seine. Mit dem Gang zum Automaten konnte er Zeit gewinnen, brauchte nichts erklären und sie würde in der Zwischenzeit die Spuren seines Malheurs beseitigen und auch der Frühstückstisch wäre sicherlich gedeckt und das Fünfminutenei perfekt.
"Hallo, Sie wünschen?", begrüßte ihn der Automat. "Zigaretten, was sonst", antwortete er gereizt und der Automat spuckte die gewohnte Marke aus. Er nahm die Packung, steckte sie in die Jackentasche und wandte sich zum Gehen um. "Du siehst nicht gut aus heute, kann ich vielleicht sonst noch etwas für dich tun?" Der vertrauliche Ton des Automaten war ungewohnt. "Ja, ähm, was hast du denn sonst noch so, außer Zigaretten?" "Alles was du willst, bei mir bekommst Du alles, was du willst, ich bin so eine Art moderner guter Fee, weißt du." Der Zigarettenautomat eine gute Fee, nun ja, merkwürdig war das schon, aber sei's drum, immerhin konnte er es ja mal versuchen. "Also weißt du, lieber Automat, wie soll ich es sagen, ich möchte meine Ruhe und dann wieder auch nicht, ich möchte wissen wie sie denkt, möchte aber nicht mir ihr reden, denn wenn sie redet, dann habe ich das Gefühl, sie lügt mich an und ich möchte gerne ihre wahren Gedanken wissen. Aber wie geht das, wenn ich doch nicht mit ihr reden will? Meinst du, das geht irgendwie? Kriegst du das hin?"
Und der Automat kriegte es hin. Es gab da eine Klappe an der Seite, die ließ sich öffnen, und es waren Zettel darin, beschrieben mit ihren Gedanken. Mit ihren wirklichen Gedanken, denn schließlich konnte man sie dort lesen, schwarz auf weiß. Mehrmals täglich suchte er nun den Automaten auf, um die Zettel mit ihren Gedanken zu entnehmen und sie zu lesen. Manchmal mehrere auf einmal, machmal nur einer. Und so mancher Zettel roch ganz leicht nach Erdbeermarmelade. Er war nie zu ihr zurückgekehrt, nie hatte er die Scherben mit der klebrig süßen Masse beseitigt. Hatte er durch den Automaten doch auch so die Möglichkeit, an ihren Gedanken teilzuhaben, und viel besser war es so, denn es waren ihre wahren Gedanken und keine Lügen mehr. Auf die Zweisamkeit mit ihr konnte er verzichten, das war doch minderwertiges Blendwerk gewesen, ein viel zu klebrig süßes Malheur. Und ihre Blicke reines Täuschungsmanöver. Sie brauchte ihn nur anzusehen, schon fühlte er sich ihrer sicher, zu gut beherrschte sie dieses Spiel. Doch nun ließ er sich nicht länger täuschen und belügen. Schließlich gab es ja den Automaten. Und jeden Tag einen neuen Gedankenzettel für ihn. Und wenn er Glück hatte, sogar gleich mehrere.
Nur manchmal war die Klappe leer. Dann war er enttäuscht. Und träumte nachts von ihr. Von ihrem Blick, der ihn einst so sicher machte. Von ihrem Körper, der sich immer gut anfühlte. Von ihren Händen, ihrem Mund. Er wachte auf und wollte nichts damit zu tun haben. Weil es nicht die Wahrheit war, nicht die des Automaten.
Und er ging den nächsten Zettel holen.
Einfach erst mal raus. Nicht antworten, nicht reden. Und vor allem nicht die Scherben aufkehren müssen. Den Frühstückstisch hatte er decken wollen, dabei ging das Erdbeermarmeladenglas zu Bruch und er ekelte sich vor der mit Glasspittern durchsetzten, rot glänzenden Masse auf dem Fliesenboden. Und schließlich war es nicht seine, sondern ihre Marmelade und auch ihr Fliesenboden. Demnach waren es also auch ihre Glassplitter und das Entfernen ihre Aufgabe und nicht seine. Mit dem Gang zum Automaten konnte er Zeit gewinnen, brauchte nichts erklären und sie würde in der Zwischenzeit die Spuren seines Malheurs beseitigen und auch der Frühstückstisch wäre sicherlich gedeckt und das Fünfminutenei perfekt.
"Hallo, Sie wünschen?", begrüßte ihn der Automat. "Zigaretten, was sonst", antwortete er gereizt und der Automat spuckte die gewohnte Marke aus. Er nahm die Packung, steckte sie in die Jackentasche und wandte sich zum Gehen um. "Du siehst nicht gut aus heute, kann ich vielleicht sonst noch etwas für dich tun?" Der vertrauliche Ton des Automaten war ungewohnt. "Ja, ähm, was hast du denn sonst noch so, außer Zigaretten?" "Alles was du willst, bei mir bekommst Du alles, was du willst, ich bin so eine Art moderner guter Fee, weißt du." Der Zigarettenautomat eine gute Fee, nun ja, merkwürdig war das schon, aber sei's drum, immerhin konnte er es ja mal versuchen. "Also weißt du, lieber Automat, wie soll ich es sagen, ich möchte meine Ruhe und dann wieder auch nicht, ich möchte wissen wie sie denkt, möchte aber nicht mir ihr reden, denn wenn sie redet, dann habe ich das Gefühl, sie lügt mich an und ich möchte gerne ihre wahren Gedanken wissen. Aber wie geht das, wenn ich doch nicht mit ihr reden will? Meinst du, das geht irgendwie? Kriegst du das hin?"
Und der Automat kriegte es hin. Es gab da eine Klappe an der Seite, die ließ sich öffnen, und es waren Zettel darin, beschrieben mit ihren Gedanken. Mit ihren wirklichen Gedanken, denn schließlich konnte man sie dort lesen, schwarz auf weiß. Mehrmals täglich suchte er nun den Automaten auf, um die Zettel mit ihren Gedanken zu entnehmen und sie zu lesen. Manchmal mehrere auf einmal, machmal nur einer. Und so mancher Zettel roch ganz leicht nach Erdbeermarmelade. Er war nie zu ihr zurückgekehrt, nie hatte er die Scherben mit der klebrig süßen Masse beseitigt. Hatte er durch den Automaten doch auch so die Möglichkeit, an ihren Gedanken teilzuhaben, und viel besser war es so, denn es waren ihre wahren Gedanken und keine Lügen mehr. Auf die Zweisamkeit mit ihr konnte er verzichten, das war doch minderwertiges Blendwerk gewesen, ein viel zu klebrig süßes Malheur. Und ihre Blicke reines Täuschungsmanöver. Sie brauchte ihn nur anzusehen, schon fühlte er sich ihrer sicher, zu gut beherrschte sie dieses Spiel. Doch nun ließ er sich nicht länger täuschen und belügen. Schließlich gab es ja den Automaten. Und jeden Tag einen neuen Gedankenzettel für ihn. Und wenn er Glück hatte, sogar gleich mehrere.
Nur manchmal war die Klappe leer. Dann war er enttäuscht. Und träumte nachts von ihr. Von ihrem Blick, der ihn einst so sicher machte. Von ihrem Körper, der sich immer gut anfühlte. Von ihren Händen, ihrem Mund. Er wachte auf und wollte nichts damit zu tun haben. Weil es nicht die Wahrheit war, nicht die des Automaten.
Und er ging den nächsten Zettel holen.
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herr chauvi,
Montag, 9. Februar 2009, 09:03
Das Zeug geht ungefiltert und tonlos und überhaupt so restrikt raus, dass es schon prädestiniert ist für Missverständnisse. Ein Automat kann eben nur Zettel schreiben, aber sie nicht erklären. Nicht ungefährlich.
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violinista,
Dienstag, 10. Februar 2009, 11:53
Höchst zerstörerisch, ja. Und tja, mit den Erklärungen, das ist so eine Sache. Einerseits werden sie verlangt, doch dann wiederum durch die Bank weg abgelehnt. Gegen die Interpretationen des Automatenzeugs kommt man nicht an.
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herr chauvi,
Dienstag, 10. Februar 2009, 19:47
Bei dem Automatenzeugs kann man sowieso nur alles falsch machen.
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liebenin,
Montag, 9. Februar 2009, 19:00
großartig
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caro n.,
Donnerstag, 26. März 2009, 11:22
Blogbibliothek
Hallo, Frau Violinista
Leide habe ich hier keine Kontaktmöglichkeit gefunden und nehme somit auf diesem Weg Kontakt mit Ihnen auf.
Kennen Sie schon die Blogbibliothek?
Wir sammeln dort lesenswerte Blogeinträge und machen sie so einem breiteren Lesepublikum zugänglich.
Hier ist der Link, damit Sie sich schon mal ein Bild machen können:
http://blogbibliothek.ch/
Eine Ihrer Leserinnen (in diesem Fall ich selbst) hat uns Ihren Text "Ein fabelhafter Automat" vorgeschlagen.
Was meinen Sie – könnten Sie sich vorstellen, dass dieser Text in unserem virtuellen Regal stehen darf?
Damit jedoch alles mit rechten Dingen zugeht, würde ich Ihnen gerne ein Word-Dokument schicken, worin Sie unsere Absichten und Ihre Rechte, sowie weitere Informationen finden. Mir ist durchaus bewusst, dass dies hier jetzt nach einer Spammail aussieht, aber ich fände es schade, wenn dadurch Ihr(e) Text(e) nicht einem grösseren Lesepublikum zugängig gemacht werden könnte.
Würde mich sehr freuen, bald wieder von Ihnen zu hören und Sie als eine unserer neuen Autorinnen begrüssen zu dürfen!
Ganz herzliche Grüsse,
Caro Nadler
Team Blogbibliothek
Leide habe ich hier keine Kontaktmöglichkeit gefunden und nehme somit auf diesem Weg Kontakt mit Ihnen auf.
Kennen Sie schon die Blogbibliothek?
Wir sammeln dort lesenswerte Blogeinträge und machen sie so einem breiteren Lesepublikum zugänglich.
Hier ist der Link, damit Sie sich schon mal ein Bild machen können:
http://blogbibliothek.ch/
Eine Ihrer Leserinnen (in diesem Fall ich selbst) hat uns Ihren Text "Ein fabelhafter Automat" vorgeschlagen.
Was meinen Sie – könnten Sie sich vorstellen, dass dieser Text in unserem virtuellen Regal stehen darf?
Damit jedoch alles mit rechten Dingen zugeht, würde ich Ihnen gerne ein Word-Dokument schicken, worin Sie unsere Absichten und Ihre Rechte, sowie weitere Informationen finden. Mir ist durchaus bewusst, dass dies hier jetzt nach einer Spammail aussieht, aber ich fände es schade, wenn dadurch Ihr(e) Text(e) nicht einem grösseren Lesepublikum zugängig gemacht werden könnte.
Würde mich sehr freuen, bald wieder von Ihnen zu hören und Sie als eine unserer neuen Autorinnen begrüssen zu dürfen!
Ganz herzliche Grüsse,
Caro Nadler
Team Blogbibliothek
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violinista,
Freitag, 27. März 2009, 00:53
Hallo, liebe Caro Nadler,
gerne dürfen Sie den Text in die Blogbibliothek aufnehmen, es ist mir eine Ehre!
Ich hoffe, ich werde die Word-Datei öffnen und lesen können, denn mein Rechner ist zur Zeit dermaßen überfrachtet, dass da kaum noch was geht. Müsste da dringend mal aufräumen, sage das allerdings schon seit gefühlten tausend Jahren.
Und ja, eine Möglichkeit der Kontaktaufnahme, gutes Stichwort, darum sollte ich mich auch mal kümmern.
Viele liebe Grüße,
Frau Violinista
gerne dürfen Sie den Text in die Blogbibliothek aufnehmen, es ist mir eine Ehre!
Ich hoffe, ich werde die Word-Datei öffnen und lesen können, denn mein Rechner ist zur Zeit dermaßen überfrachtet, dass da kaum noch was geht. Müsste da dringend mal aufräumen, sage das allerdings schon seit gefühlten tausend Jahren.
Und ja, eine Möglichkeit der Kontaktaufnahme, gutes Stichwort, darum sollte ich mich auch mal kümmern.
Viele liebe Grüße,
Frau Violinista
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wajakla,
Samstag, 28. März 2009, 19:06
...ich bekomme aber eines der ersten Autogramme, wenn Sie voll richtig und überhaupt berühmt werden, oder ? ;-)
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violinista,
Sonntag, 29. März 2009, 05:01
Aber selbstverständlich, Herr Wajakla, Sie als mein treuer Fan von Anfang an bekommen sogar das Allererste! ;-)
Und sollte das mit dem doll berühmt werden nicht so richtig klappen, möchten Sie dann trotzdem eines?
Und sollte das mit dem doll berühmt werden nicht so richtig klappen, möchten Sie dann trotzdem eines?
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wajakla,
Sonntag, 29. März 2009, 14:09
Kommt es nicht immer auf die inneren Werte an, Frau Violinista ? Ruhm ist vergänglich... *räusper*
Was für eine Frage... ;-)
Was für eine Frage... ;-)
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