Montag, 19. Dezember 2011
Es hat mir die Sprache verschlagen
Sicher. Man könnte auch sagen, es wäre einfach eine ganz normale Erkältung. Die Freck, wie der Saarländer zu sagen pflegt.
Normalerweise kann ich mich auf mein Immunsystem wirklich gut verlassen. Es ist auch wirklich gut trainiert, werde ich schließlich tagtäglich mit verschnupften, hustenden oder auch magendarmgeschädigten Kindern konfrontiert. Dazu regelmäßig Vitamin C und Zink und der starke Glaube daran, dass all das zusammen prima hilft, gesund zu bleiben. That's it.
Normalerweise.
Normal.
Aber wenn dann plötzlich nichts mehr normal ist?
Sondern verrückt?
Nicht ich, aber die Mutter. Und ich einerseits das Gefühl habe, mich kümmern zu müssen, aber andererseits ganz genau meine Grenzen kenne. Und daher schmerzlich erkennen muss, dass ich mich gar nicht kümmern kann. Weil ich mich noch allzu gut an das letzte Mal erinnern kann. Als ich mich diesbezüglich übernommen hatte und dann selbst in der Depression endete. Damals hatte ich noch keine Kinder. Damals konnte ich ihn mir also noch irgendwie leisten, diesen Sumpf.
Heute nicht mehr.
Heute kann ich ihn mir nicht mehr leisten.
Heute ist die Verantwortung größer, die ich zu tragen habe.
Verantwortung nicht nur für mich, sondern auch für die Kinder.
Dennoch ein denkbar schlechtes Gewissen der Mutter gegenüber. Und das Wissen darum, wie schrecklich es dort ist, wo sie jetzt ist. Und wie schrecklich es für sie sein muss. Aber ich kann nicht. Ich halte das nicht aus. Es ist zu viel für mich. Und im Gegensatz zu meinem Bruder möchte und muss ich es überleben.
Das einzige, was ich tun konnte von hier aus, waren Telefonate. Und selbst diese waren für mich Überforderung genug. Und ich merkte, dass ich selbst mit diesen Telefonaten aufhören musste. Dass ich aufhören musste, mich zu kümmern.
Ob ich es tatsächlich so konsequent durchgezogen hätte, wäre mir nicht diese Bronchitits und der damit einhergehende Stimmverlust hilfreich zur Seite gesprungen, ich weiß es nicht. Deute es nun aber als Zeichen, genau das zu tun. Mich rauszuhalten. Endlich. Und mich ausschließlich meinem eigenen Leben, das ich mir mühsam genug aufgebaut habe und dem meiner Kinder zu widmen.
Auch in Zukunft. Auch wenn die Stimme wieder da ist.
Lieber als Rabentochter dastehen und enterbt werden, als den Kindern ein nervliches Wrack an Mutter zu sein.
Und vorerst noch ganz viel Tee. Und Wärme.

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Kann dich gut verstehen, kenne ähnliche Situationen, halt durch- Gruß! Copfrin

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DANKE!

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Ich darf mal eben kurz trotz Bazillen an Sie herantreten...

*fest umarm*

...so, und wieder weg... ;-)

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Danke, sehr lieb.
Bei Ihnen ist ja auch alles nicht so einfach zur Zeit. Fühlen Sie sich also auch von mir umarmt.

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Nehme ich sehr gern entgegen, die Umarmung.

In der Tat, Weihnachten war anders geplant. Aber immerhin konnten wir heute eine Reha für die nächsten Wochen klar machen, zudem noch ganz in der Nähe meiner Ma, so dass sie auch zu Fuss hin kann. Das ist das momentane Optimum in der Situation.

Ich selber werde am 02.01. tatsächlich wieder bei der alten Firma anfangen, es ist momentan - dank einer unschönen Aktion der A*A-Betreuerin - die wirtschaftlich gescheiteste Lösung. Und weiter suchen. Und hoffen, dass ich nicht direkt wieder zusammenbreche. Alle im Umfeld halten mich für wahnsinnig und sind extremst unglücklich mit der Situation, ich kann damit im Moment umgehen, da es keine gescheite andere Lösung gibt. Werde irgendwann die Woche hoffentlich mal Zeit finden, mir den kompletten Murks von der Seele zu schreiben. Pflegen Sie sich!

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"Alte Firma" heißt ganz alte Firma? Oder letzte Firma?

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Na ja, die ganz alte Firma war ja auch die letzte Firma. Und ist die neue Firma... *seufz* Ich sach ja, is' alles sehr kompliziert...

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Halloechen, ich besuche Sie (Ihren Blog) ab und zu und wuensche gute Besserung. Nach meiner Meinung ist es nicht wirklich unsere Aufgabe uns um die Eltern zu kuemmern. In der Tierwelt ist es doch selbstverstaendlich - wenn die Brut grossgezogen wurden, dann zieht sie ihrer Wege. Habe gerade einen kleinen Spatz aufgezogen - war 3 Tage alt, ohne Federn, splitternackt lag er auf der Wiese hinter'm Haus. Hat mich 2 Monate Sorgen und Muehe gekostet das Viecherl grosszuziehen und nu' is' er weg, will nix mehr von seiner Mutti wissen. Fluechtet vor mir als waer ich sein groesster Feind. So ist die Natur. Und Menschen sind auch nur Viecher.

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...nun hat die Wissenschaft allerdings zwischenzeitlich schon entdeckt, dass sich der Mensch vom Spatz in gewisser Hinsicht im Sozialverhalten unterscheidet...

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Ich behaupte: unwesentlich, sehr unwesentlich. Der Mensch wuerde gern anders - schafft es aber nicht. Irgendwann reduziert sich alles wieder auf's Stammhirn (s. Ihr Vater).

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Mein Vater könnte zwar nicht mehr stehen, Ihnen aber trotzdem noch sagen, dass das in meinen Augen - und seinen blinden natürlich - ziemlicher Dumfug ist. Aber in der vorweihnachtlichen Zeit jedem seine Meinung, mag sie noch so...wie auch immer sein. ;-)

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Zunächst einmal: Der Papa von Herrn Wajakla ist sicherlich sehr weit davon entfernt, aufs Stammhirn reduziert zu sein!

Dass wir Menschen auch nur Viecher sind, das sehe ich teilweise auch so. Aber eben nur teilweise, denn wie Herr Wajakla ganz richtig bemerkt, sind wir sozialisierte Viecher. Wo kämen wir denn hin, wenn beispielsweise jeder ganz ungehemmt all seinen Trieben und Gelüsten freien Lauf lassen würde? Ganz ohne Moral und Anstand? Im Supermarkt beiß ich schließlich auch nicht direkt in alles rein, nur weil ich gerade hungrig bin. Auch wenn Nachbars Lumpi dies täte. Nein, ich pack die Sachen brav in den Wagen und fahr damit zur Kasse und stelle mich dort in die Schlange. Weil ich es so gelernt habe und unsere Gesellschaft eben nach bestimmten Regeln funktioniert.
Was das konkrete Thema betrifft, also das Kümmern um die Eltern, dazu kenne ich mich im Tierreich zwar nicht genügend aus, denke aber doch, dass es sicherlich auch im Tierreich Beispiele gibt, wo die Jungen sich zeitlebens um die Alten kümmern.
Nichtsdestotrotz: Wenn man sich sowohl um Kinder als auch um Eltern kümmert und man schafft das und man geht nicht drauf dabei, gut und schön, vor diesen Menschen habe ich großen Respekt und ziehe meinen Hut. Aber: Ich schaffe das nicht. Nicht beides. Und wenn ich mich daher zwischen meinen Kindern und meinen Eltern entscheiden muss, dann fällt meine Wahl sehr eindeutig aus.

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Das machst Du richtig so. Du bist gar nicht ausgebildet dafür, diese Aufgabe zu übernehmen. Dass das hart ist, kann ich mir denken, aber eine echte Hilfe wärst Du sowieso nicht.

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Es geht aber ja gar nicht darum, ob ich in irgend einer Form therapeutisch einwirken könnte auf meine Mutter. Es geht lediglich um Dinge, die man als erwachsene Tochter normalerweise so tut, wenn die Mutter im Krankenhaus ist. Besuchen, telefonieren, Sachen vorbeibringen, ganz normaler Kontakt halt eben. Festzustellen, dass selbst das schon zu viel für mich ist, das ist traurig.

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@jammernich: Vollkommen korrekt Ihre Aussage, wir haben ja letztendlich eine ähnliche Situation: mit wirklich helfen sind wir ja auch am Ende, eine Versorgung zu Hause ist meiner Ma zumindest momentan nicht möglich. Das Ende der eigenen Möglichkeiten zu erkennen, ist aber eben auch eine miese Sache.

@violinista: Sie machen das völlig korrekt. Es macht überhaupt keinen Sinn, sich ebenfalls in eine ausweglose Situation zu manövrieren, das hilft gar niemandem, vor allem nicht den Kindern. Und natürlich Ihnen selbst. Ich wüßte auch nicht, wie es wäre, wenn sozusagen zwei Generationen zu versorgen wären, da ich aber ja keine Kinder habe, habe ich da den einfacheren Part! Kopf hoch und nicht zerfleischen oder zerfleischen lassen.

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