Donnerstag, 18. Oktober 2007
Sulfite
Das Geschenk für den Nachbarn gestaltet sich schwieriger als erwartet.
Neulich "Gefühltes Wissen" gelesen, spontan bei der Einladung gedacht, ha, das kriegt der auch! Könnte es sogar nachträglich noch signieren lassen. Preislich fand ich das dann aber nicht ganz angemessen für einen runden Geburtstag. Dann entdeckt, dass es das auch als Hörbuch, vom Autor selbst gelesen, gibt. Laut Rezensionen soll aber ein Vorgänger-Hörbuch noch besser sein als dieses, also vorsichtshalber mal beide bestellt.
Reingehört. Die erste Geschichte schilderte die Abenteuer eines Appendix im Krankenhaus. Kann ich dem armen Mann nicht zumuten. Der ist Arzt.
Das andere Hörbuch gehört, das, das ich schon von der gedruckten Version her kannte. Irgendwie fand ich das Buch besser. Aber das ist ja zu billig. Und dann, herrje, da ist noch ein Special drauf auf der CD, der Autor singt über ein altes Meerschweinchen, welches dann erst freiwillig sich streicheln lässt, als bereits der letzte Atem aus ihm gewichen ist. Leichte Zweifel kommen in mir hoch, ob mein Nachbar gewillt ist, meine Art des Humors mit mir zu teilen.
Ich verwerfe alles.
"Der Klang der Zeit" von Richard Powers soll es sein. Eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe, schon mehrfach verschenkt, damit werde ich einen höchst seriösen Eindruck in der Nachbarschaft hinterlassen.
Dann das: Sonderangebot für sieben Euro! Indiskutabel.
Trotzdem. Das Buch ist toll.
Also noch eine Flasche Wein dazu.
Dornfelder, im Eichenfass gereift, ich hab da so eine ganz bestimmte Lieblingssorte. Eine perückte Dame
kommt auf mich zu, ob ich Pfälzer Weine probieren möchte. Na, das passt doch. Sie hat zwei Sorten Dornfelder im Angebot. Leider ist mein Lieblingsdornfelder nicht dabei und ihre beiden schmecken leider auch nicht annähernd so gut. Wie komm ich da jetzt nur wieder weg? Ich entscheide mich für einen relativ plumpen Abgang mit der Frage "Wo stehen denn all die anderen Dornfelder?" Entdecke den von mir gesuchten Winzer, aber leider keine Flaschen aus dem Eichenfass. Hm.
Karl Petgen fällt mir ein. Der war auch immer gut. Als Grauburgunder. Finde Karl Petgen. Zwar keinen Grauburgunder, stattdessen landet eine Flasche Riesling in meinem Einkaufswagen.
"enthält Sulfite", diese Worte springen mir plötzlich von der Flasche entgegen. Habe keine Ahnung, was das wirklich bedeutet, entscheide aber wieder, dass mein ärztlicher Nachbar es eventuell als Vergiftungsanschlag auf ihn werten könnte.
Also wird auch er eine Flasche des Gesöffs bekommen, die die Frau Novemberregen bei mir bestellt hat. Sind bestimmt auch Sulfite drin, aber die Franzosen müssen das bestimmt nicht draufschreiben.
Nun süffel ich hier einen superleckeren Riesling, während meine Moussaka vor sich hin köchelt, und erfahre von Google, dass Sulfite in allen Weinen enthalten sind, und diese künftig ab 10 Milligramm pro Liter kennzeichnungspflichtig sind. Ab einem Genuss von 1000 Milligramm können sie Brechreiz und Kopfschmerzen verursachen. Ach, und ich dachte immer, dass käme vom Alkohol. Außerdem hatte ich gar nicht vor, gleich zehn Flaschen davon zu trinken.
Aber irgendwie bin ich stolz auf den Herrn Petgen, dass er das mit den Sulfiten schon jetzt draufschreibt, wo er es doch noch gar nicht müsste.

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Hehe.

Gedanklich gehe ich jetzt natürlich die Geburtstagsgeschenke durch, die ich in den letzten Jahren von Dir erhielt, und überlege mir, welche Gedankengänge dabei wohl... ;-)

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Frau Novemberregen, bei Ihnen war das doch viel einfacher. Und nicht nur aus diesem Grund wünschte ich manchmal, Sie wären mein Nachbar.

Und sollten Sie dieses Jahr ein lustiges Hörbuch erhalten, wissen Sie zumindest dieses eine Mal um meine Gedankengänge Bescheid. *gg*

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Ah, ich krieg die Geschenke, die sich für andere als unpassend erwiesen haben. Soso! ;-)

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Sie haben mich durchschaut.
Jedoch die Entscheidung, meinem Ex-Mann damals nicht das mit "Frau Novemberregen" bestickte Handtuch zu schenken, halte ich immer noch für richtig.
Zudem bin ich dankbar, um die Beschaffenheit Ihres Humors einigermaßen Bescheid zu wissen.

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Ich meinte damit auch nicht, dass das grundsätzlich verkehrt ist. Denke auch, dass die Meerschweinchengeschichte bei mir hervorragend aufgehoben wäre. Ich frage mich nur, warum ich noch nie dieses seriöse Buch erhalten habe...

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Also erstens mal war letztes Jahr das große Jahr der Currywurst (auch wenn wir es immer noch nicht geschafft haben eine zu essen, aber die haben in Berlin ja schließlich auch immer noch nicht das Museum aufgemacht) und zweitens hatte ich das Buch selbst erst im Oktober geschenkt bekommen und im November noch nicht durch. Und dann hätte da auf den letzten Seiten womöglich doch noch irgendwas gestanden, das mich in ein seltsames Licht gerückt hätte.

Bei der Meerschweinchengeschichte handelt es sich im übrigen um ein Lied.

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Das Leben...
...erscheint mir doch einfacher, wenn man seinen Nachbarn einfach gar nichts schenkt und zudem keine Ahnung von Weinen hat... *wasserglas erheb* ;-)

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Das Brunch...
...zu dem er mich eingeladen hat, möchte ich doch aber schließlich auch nicht missen.

Aber wehe, dort wird sulfithaltiger Wein ausgeschenkt!"

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